Die technische Umsetzung der entwickelten innovativen Konzepte stellt häufig eine hohe Anforderung an die Fertigung. Sie ist oft ein limitierender Faktor bei den Gestaltungsmöglichkeiten neuartiger Medizintechnologien und -produkte sowie bei der technischen Realisierung. Weiterentwicklungen von konventionellen Fertigungsverfahren und der Einsatz neuartiger Technologien eröffnen jedoch immer neue Möglichkeiten:
- Mithilfe generativer Fertigungsverfahren werden topologieoptimierte, aber auch patientenspezifische Implantate realisiert.
- Die Technologieentwicklung für spanende, abtragende und umformende Verfahren in der Präzisions- und Mikrofertigung ermöglicht die Implantatfertigung bis in den Mikrometerbereich.
- Knochenähnliche Strukturen werden durch zellulare Strukturen zum Beispiel aus Metallschaum oder mithilfe generativer Fertigungsverfahren hergestellt.
- Durch Massivumformung lassen sich Materialeigenschaften verbessern und der Materialeinsatz reduzieren.
Aktive Materialien
Aktive Werkstoffe wie Formgedächtnismaterialien oder Piezokeramiken bieten in der medizintechnischen Gerätetechnik und der Prothetik vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Sie können als alternative Antriebselemente eingesetzt werden, erlauben aber ebenfalls die Entwicklung neuer, komplexer Systeme mit neuen Funktionalitäten. Je nach Applikation können sie dabei als Sensor fungieren oder aktiv wirken, um z. B. den Kraftkontakt an der Knochen-Implantat-Schnittstelle zu beeinflussen und damit – perspektivisch gesehen – die Lockerung von Implantaten zu verhindern.
Generative Fertigung von Implantaten
Wir nutzen das generative Fertigungsverfahren Strahlschmelzen, um Implantate aus biokompatiblen metallischen Werkstoffen (Titan, Kobalt-Chrom, Edelstahl) mit nahezu beliebig komplizierter Geometrie herzustellen. Dabei können die Implantate im gesamten Volumen oder nur an der Oberfläche mit einer komplexen, ggfs. auch variablen geometrischen Struktur versehen werden, um ihre Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften optimal an den umgebenden Knochen anzupassen und das Einwachsverhalten zu verbessern. Auch die Integration funktionaler Kanäle und Hohlräume in das Implantat ist möglich, wodurch z. B. die postoperative Zuführung von Medikamenten an der Implantat-Knochen-Schnittstelle gewährleistet werden kann. Außerdem können Implantate in ihrer Geometrie an den einzelnen Patienten angepasst werden. Dabei dienen häufig computertomografische Daten des Patienten als Basis für die individuelle, patientenspezifische Konstruktion und Gestaltung des Implantats.
Präzisions- und Mikrofertigung
Wir entwickeln Technologien und Anlagen für die Herstellung miniaturisierter und mikrostrukturierter Bauteile bspw. für Anwendungen in der Medizintechnik und setzen diese in verschiedenen Applikationsstufen um. Forschungsschwerpunkte sind u.a. die spanende und umformtechnische Herstellung von Miniaturprothesen oder die Entwicklung von Fertigungstechnik für medizinische Komponenten und Geräte.
Im Bereich der medizinischen Diagnostik werden mikrofluidische Lab-on-Chip-Sensoren zum Nachweis verschiedenster Blut- oder Urinwerte eingesetzt. Die komplexen Mikrofluidiksysteme verlangen oftmals funktionalisierte Oberflächen zur Fluidsteuerung in den Mikrokanälen. Ziel der fertigungstechnischen Optimierung ist die reproduzierbare prozesssichere Strukturübertragung in einer Prägestufe mit substrukturierten Werkzeugen sowie die Verringerung der Prozesszeiten zur Herstellung der Fluidikkomponenten.
Metallschaum
Der Einsatz metallischer Schäume als Grundwerkstoff für Implantate offeriert vielfältige Vorteile. Beispielsweise bietet die raue Oberfläche optimale Einwachsbedingungen für die Knochenzellen und sowohl der Elastizitätsmodul als auch das Gewicht können durch Variation der Dichte an den Knochen angepasst werden. Die Senkung der Steifigkeit gegenüber soliden Implantaten und damit verbunden die Anpassung des E-Moduls an den des Knochens wirkt aktiv einer Implantatlockerung durch Knochenschwund (Osteoporose) entgegen.
Massivumformung
Die hohen Forderungen vor allem nach Festigkeit und Sicherheit bei dynamisch beanspruchten Teilen werden im Anwendungsbereich der Medizintechnik durch im Gesenk geschmiedete Werkstücke ausgezeichnet und zuverlässig erfüllt. Wie bei nahezu allen Umformverfahren ist auch beim Gesenkformen eine strukturierte, lange Endform nicht in einer Umformstufe herstellbar. Häufig besteht die Anfangsform aus einem Abschnitt mit konstantem Querschnitt. Um den Anteil des Abfalls zu verkleinern, ist eine genaue Verteilung des Volumens der Anfangsform entlang seiner Achse entsprechend der Endform sinnvoll. Das Fertigungsverfahren Querkeilwalzen schafft die Voraussetzung für die Anwendung des gratarmen Gesenkschmiedens durch die wirtschaftliche Herstellung genau dosierter Masseverteilungszwischenformen.
Neben dem Verfahren der Warmmassivumformung werden lasttragende Implantate durch Kaltfließpressen hergestellt. Dieses Verfahren eignet sich vor allem für Kleinimplantate.