Forschungs-Pitch 3: Gesundheit und Wohlbefinden
Eine nachhaltige Medizintechnik steht vor vielen Herausforderungen: heute sind weit mehr als die Hälfte aller Medizinprodukte Einwegprodukte, mit noch immer steigendem Kunststoffanteil. Ein Design-for-Recycling-Ansatz könnte helfen, Einweg-Rohstoffe in den Werkstoffkreislauf zurückzuführen. Wenn Hersteller, Krankenhäuser, Ärzte und Recyclingunternehmen an einem Strang ziehen, könnten Produkte und Prozesse im Sinne einer Kreislaufwirtschaft angepasst werden – ohne zusätzliche Arbeitsbelastung in Krankenhäusern und Arztpraxen. Das Fraunhofer IWU kann hier seine Expertise einbringen: Produkte leichter zerlegbar machen, eindeutig kennzeichnen, Herstellungskompetenz beispielsweise in Spritzguss und 3D-Druck. Auch für die Entlastung von Pflegenden und ärztlichem Personal zeigt das Fraunhofer IWU neue Lösungswege auf: mit Robotik, die für menschennahe Tätigkeiten geeignet ist und durch die Entwicklung neuer Technologien für die Point-of-Care-Diagnostik.
Forschungs-Pitch 4: Nachhaltige Produktion
Adaptive Prozessketten und innovative Produktionsverfahren leisten einen wichtigen Beitrag für eine fehlerfreie Produktion. Sie erlauben, noch im Fertigungsprozess (inline) Qualität und Performanz eines Produktes vorherzusagen und zu optimieren.
Prozessübergreifende Regelungsstrukturen und Prozessmodellierung passen Produktionsprozesse permanent in kurzen Regelschleifen an – und ermöglichen so auch einen neuen Hub bei der Kreislauffähigkeit von Produkten. Biokompatible Materialien und lösbare Verbindungen lassen sich in adapative Fertigungsprozesse integrieren; eine vollständige Produktionstransparenz dank Digitalisierung erleichtert Wiederverwendung, Zerlegung oder Recycling der Produkte. Das Screw Extrusion Additive Manufacturing Verfahren (SEAM) erlaubt den Druck von Formwerkzeugen aus recycelter Kohlenstofffaser oder Biopolymeren; für kurzlebige Produkte sind biologische Werkstoffe künftig erste Wahl und weisen den Weg in eine CO2-neutrale industrielle Fertigung.
Wie wird Forschung wertschöpfend?
Für ein auf den Transfer in Unternehmen und Geschäftsmodelle fokussiertes, wissenschaftliches Institut ist dies eine Kernfrage. Christoph Zimmer-Conrad vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA), Oliver Köhn als Vertreter von rund 300 Mitgliedsunternehmen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e.V. (VDMA), Oliver Georgi und Prof. Drossel vom IWU vertieften diese Frage in einem Podiumsgespräch – aus der Perspektive der Mittelstandsförderung, der Wirtschaft und einer bevorstehenden Ausgründung (VibroCut). Erst der Technologietransfer ermögliche der Wirtschaft, das in der Forschung generierte Wissen zu verwerten und sich damit Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Dabei erwirtschafteten die Unternehmen genau das Steueraufkommen, das den Staat in die Lage versetze, transferorientierte Forschung zu fördern, unterstrich Christoph Zimmer-Conrad. Prof. Drossel verdeutlichte am Beispiel des SEAM-Projektes im Bereich 3D-Druck den Mehrwert anwendungsorientierter Forschung auch für kleinere und mittlere Unternehmen. Für viele Betriebe sei gerade das letzte Stück Weges bis zur Industrialisierung entscheidend für den Erfolg einer Innovation, so Oliver Köhn. Oliver Georgi unterstrich die Herausforderungen bei der Unternehmensgründung; das AHEAD-Programm der Fraunhofer-Gesellschaft oder die EXIST-Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) böten maßgeschneiderte Unterstützungsleistungen für Spin-Offs und Start-Ups.
Das Fraunhofer IWU 1991: 1 Standort, 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Fraunhofer IWU 2022: 5 Standorte, 670 Mitarbeitende
Heute ist das Fraunhofer IWU mit rund 670 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Standorten Chemnitz, Dresden, Leipzig, Wolfsburg und Zittau vertreten. Es erschließt Potenziale für die wettbewerbsfähige Fertigung im Automobil- und Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrt, der Medizintechnik, der Elektrotechnik sowie der Feinwerk- und Mikrotechnik. Im Fokus von Wissenschaft und Auftragsforschung stehen Bauteile, Verfahren und Prozesse sowie die zugehörigen komplexen Maschinensysteme und das Zusammenspiel mit dem Menschen – die ganze Fabrik.
Das Fraunhofer IWU setzt auf eine hochflexible, skalierbare und von der Natur lernende, kognitive Produktion. Es entwickelt Technologien und intelligente Produktionsanlagen und optimiert umformende, spanende und fügende Fertigungsschritte. Die Entwicklung innovativer Leichtbaustrukturen und Technologien zur Verarbeitung neuer Werkstoffe, die Funktionsübertragung in Baugruppen sowie neueste Technologien der generativen Fertigung (3D-Druck) sind ebenfalls Kernbestandteile des Leistungsportfolios. Damit die Energiewende gelingen kann, zeigt das Institut Lösungsräume für die Großserienfertigung wesentlicher Wasserstoffsysteme auf.