Verarbeitung hybrider Verbundwerkstoffe

Jeder Konstruktionswerkstoff hat spezifische Eigenschaften und damit Hauptanwendungsgebiete. Die steigenden Anforderungen an Bauteile bezüglich Festigkeit, Steifigkeit, Masse und Dämpfungsverhalten können von einem einzelnen Werkstoff meist nicht optimal erfüllt werden. Die intelligente Kombination verschiedener Werkstoffe bietet das Potenzial, die geforderten Bauteileigenschaften umzusetzen. Dabei werden metallische Werkstoffe mit anderen metallischen Werkstoffen (z. B. Tailored Blanks aus Aluminium und Stahl), aber auch metallische Werkstoffe mit Polymeren bzw. faserverstärkten Polymeren kombiniert. 

Verarbeitung hybrider Bauteile

Umfortechnisch verarbeitbare hybride Halbzeuge bestehen in der Regel aus zwei metallischen Decklagen und einer polymeren Kernschicht. Neben einer hohen spezifischen Steifigkeit besitzen diese Hybridmaterialien ein hervorragendes Dämpfungsverhalten, woraus ein breites Anwendungsspektrum vom Bereich der ,weißen‘ Ware über den klassischen Maschinenbau bis hin zur Automobilindustrie resultiert. Um das Potenzial dieser flächigen Mehrlagenverbunde für eine breite Serienanwendung zu erschließen, ist eine Verarbeitung mit den etablierten Verfahren der konventionellen Blechbearbeitung vom Platinenschnitt über die Formgebung bis hin zum anschließenden Fügen der Komponenten erforderlich. Zur robusten und effizienten Auslegung dieser Prozesse bieten wir langjähriges Know-how hinsichtlich Materialcharakterisierung, Methodenplanung und Simulation bis hin zum Werkzeugbau und der Bauteilprüfung. 

Herstellung hybrider Bauteile

Die Herstellung hybrider Bauteile aus Metall- und Kunststoffwerkstoffen erfolgte usprünglich in mehrstufigen Prozessen. Dabei wurde erst die Metallkomponente beispielsweise durch Tiefziehen hergestellt und diente im Spritzgussprozess lediglich als Einleger. Der Schwerpunkt der Arbeiten des Fraunhofer IWU zur Herstellung hybrider Bauteile liegt auf sogenannten in-situ-Prozessen. Dabei erfolgen Urformen, Umformen und Fügen in einem Prozess. Durch die so entstehenden kurzen Prozessketten können die Teile kostengünstiger hergestellt werden, allerdings werden die Prozesse dadurch komplexer und müssen bzgl. Prozssauslegung und Prozesssteuerung beherrschbar bleiben. Nachfolgend werden die wichtigsten Verfahrenskombinationen vorgestellt:

IHU-Spritzgießen

Beim IHU-Spritzgießen werden die Innenhochdruck-Umformung (IHU) und das Spritzgießen in einem Werkzeug und Prozess zusammengeführt. Dadurch können die Leichtbaumöglichkeiten von Hohlprofilen und die hohe Funktionalität von Spritzgussbauteilen in einem Bauteil zusammengeführt werden. Industriell werden solche Bauteile z. B. als Frontendträger oder Cockpitquerträger in PKW genutzt.

Die Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer IWU liegen neben der Prozess- und Bauteilauslegung vor allem in der Prozessführung, der kostengünstigen Realisierung der Verbundhaftung und dem Einsatz von faserverstärkten Kunststoffrohren für die IHU-Komponente.

Tiefziehen und Spritzgießen

Die Verfahrenskombination Tiefziehen und Spritzgießen bietet die Möglichkeit, in einem Prozessschritt tiefgezogene Bauteile herzustellen, die mithilfe spritzgegossener Kunststoffstrukturen versteift und funktionalisiert werden. Die Versteifung kann dabei dazu dienen, die akustischen Bauteileigenschaften zu verändern oder die Bauteilbelastbarkeiten zu erhöhen. Zur weiteren Funktionalisierung können bspw. Gewindeinserts integriert werden. Beim Tiefziehen und Spritzgießen erfolgt zunächst der Tiefziehprozess. Im unteren Totpunkt des Werkzeugs erfolgt dann das Anspritzen der Kunststoffkomponente.

Herstellung hybrider Blechverbunde im Umformprozess

Kern der Arbeiten des Fraunhofer IWU ist die Herstellung von hybriden FKV-Metallbauteilen in einem intrinsischen Herstellungprozess. Dies bedeutet, dass die Hybridisierung (das Fügen der Verbundkomponenten) in den umformenden Formgebungsprozess integriert wird. Im Resultat liegen extrem effiziente, jedoch auch sehr komplexe Herstellungsprozesse vor.

Zur Beherrschung dieser Prozesse setzen wir auf einen ganzheitlichen Ansatz vom Bauteildesign über die Materialauswahl und -charakterisierung bis hin zur simulativen Prozessauslegung und prototypischen Umsetzung. Ein Schwerpunkt unserer Arbeiten liegt in der Erfoschung von innovativen Anbindungskonzepten zur optimalen Interfacegestaltung zwischen den Verbundkomponenten. Neben klassischen FKV-Materialien setzen wir zunehemend auf biobasierte naturfaserverstärkte Kunststoffe (Bio-NFK) als eine Verbundkomponente.

Unser Leistungsangebot

Entwicklung maßgeschneiderter Prozessketten für die Umformung von hybriden Werkstoffen

  • Charakterisierung der hybriden Materialien und deren Einzelkomponenten
  • Prozessauslegung (Simulation, umformtechnische Grundlagenversuche)
  • Werkzeugkonstruktion
  • Prozessführung und -überwachung

Referenzprojekte

 

Verfahrenskombination Tiefziehen, Spritzgießen und Umformen mit der Schmelze

Die Herstellung von Metall-Kunststoff-Hybridbauteilen ist immer noch sehr arbeits- und kostenintensiv. Innerhalb des Bundesexzellenzclusters »MERGE« wurde ein einstufiger Prozess entwickelt, der die Herstellung von Hybridkomponenten zu niedrigen Preisen ermöglicht. 

 

Effizienter Leichtbau durch intrinsische Hybridisierung

Faser-Kunststoff-Verbunde sind bevorzugte Leichtbauwerkstoffe. Ein Defizit besteht noch in der unzureichenden Energieabsorption im Versagensfall. Verbesserungen lassen sich durch gezielte Verstärkung der FKV-Struktur mit duktilen, metallischen Einlegern erzielen. Mit einem mehrskaligen Umformprozess können solche Hybridbauteile effizient und eigenschaftsoptimiert hergestellt werden.

 

Verarbeitung von naturfaserverstärkten Kunststoffen mithilfe intelligenter Schichtsysteme

Im Projekt SmartNFR wurden multifunktionale Schichtsysteme entwickelt, die den Werkzeugverschleiß reduzieren und die Temperaturverteilung im Werkzeug erfassen.