Die elektromagnetische Umformung ist ein Hochgeschwindigkeitsumformverfahren, das besonders für die Verarbeitung von Werkstücken aus elektrisch sehr gut leitfähigen Werkstoffe (z. B. Aluminium oder Kupfer) geeignet ist. Die Kraftaufbringung erfolgt berührungslos durch Lorentzkräfte und ist deshalb besonders oberflächenschonend, sodass auch eine Umformung vorbeschichteter Halbzeuge möglich ist. Mit dem Verfahren können rohr- und profilförmige Werkstücke komprimiert und expandiert, aber auch ebene und dreidimensional vorgeformte Bleche umgeformt werden. Als Werkzeuge dienen Induktionsspulen und einseitige formgebende Gesenke oder Dorne. Über die Spule wird ein Kondensator entladen, sodass ein gedämpfter sinusförmiger Stromimpuls fließt. Dieser zeitabhängige Strom induziert ein entsprechendes Magnetfeld und einen Gegenstrom im elektrisch leitfähigen Werkstück. Die Wechselwirkungen zwischen Magnetfeld und Strom bewirken Lorentzkräfte, die das Werkstück mit extrem hoher Geschwindigkeit (bis zu einigen hundert Metern pro Sekunde) innerhalb von Mikrosekunden umformen.
Im Gegensatz zu anderen Hochgeschwindigkeitsumformverfahren erfordert die elektromagnetische Umformung keine Gefahrgüter wie z. B. Sprengstoffe und kein Wirkmedium. Dadurch ist der Prozess besonders bediener- und umweltfreundlich und es können Reinigungsschritte und damit Produktionskosten eingespart werden. Anders als bei konventionellen Ziehprozessen und der Hochgeschwindigkeitsumformung mit beschleunigten Werkzeugen können die Werkzeugspulen für elektromagnetische Umformung wesentlich flexibler für unterschiedliche Bauteilgeometrien eingesetzt werden. Dadurch können insbesondere bei der Variantenfertigung Werkzeugkosten eingespart und Tryoutprozesse vereinfacht werden.
Neben der Umformung kann die Technologie auch für das Fügen sowohl auf Basis von Kraft- und Formschlusss (Crimpen) als auch auf Basis von Stoffschluss (Magnetimpulsschweißen) und zum Trennen eingesetzt werden. Dabei können auch unterschiedliche Fertigungsoperationen z. B. Umformen und Lochen für Bauteile kleiner bis mittlerer Größe durch einen einzelnen elektrischen Entladungsprozess gleichzeitig erfolgen. Größere Bauteile können durch Kombination der EMU mit anderen Technologien z. B. zum lokalen nachformen von geometrisch anspruchsvollen Details und Bauteilbereichen oder durch sequenzielle bzw. inkrementelle Fertigungsansätze realisiert werden.
Verfahrensvorteile
- Einsparung von Fertigungsschritten durch kombiniertes Umformen, Trennen und Fügen in einem Prozess
- berührungslose oberflächenschonende Kraftaufbringung
- kein Werkzeugverschleiß durch Tribologie
- umweltfreundlicher und sauberer Prozess ohne Schmiermittel oder Wirkmedien
- ermöglicht höhere Umformgrade bei deutlich weniger Falten, Einschnürungen und Rückfederung als konventionelle Prozesse
- flexible Nutzbarkeit der eingesetzten Werkzeugspulen für unterschiedliche Bauteilgeometrien
- besonders gut geeignet zur Verarbeitung Rohren, Hohlprofilen und Blechen aus Aluminiumlegierungen
- sehr einfacher und gut automatisierbarer Prozess