Validierte Haftreibwerterhöhung für hochgenaue Klemmsysteme

Herausforderung

Für die mehrseitige sowie 4- und 5-achsige spanende Bearbeitung kommen in der Regel Werkzeugmaschinen mit Rundtischen zum Einsatz. Diese erlauben eine kontinuierliche Drehbewegung der Werkstücke für eine interpolierende Bearbeitung. Für Fertigungsoperationen mit sehr hohen Bearbeitungskräften, die die Leistungsfähigkeit der Antriebssysteme übersteigen, sowie zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen verfügen die verbauten Rundtische über zusätzliche Klemmeinheiten. Diese sind überwiegend als sogenannte »Axialklemmungen« ausgeführt, die eine beliebige Klemmposition bzw. Winkelstellung auf der Grundlage eines Reibschlusses ermöglichen. Somit wird die Rotationsachse gegen unerwünschtes Verdrehen gesichert und in einer definierten Position hochgenau gehalten, wobei nur minimale Bewegungen der Reibpartner im unteren einstelligen Mikrometerbereich zugelassen werden, um resultierende Fertigungsungenauigkeiten zu vermeiden. Zusätzlich müssen die Klemmsysteme jedoch im Notfall auch Bremsvorgänge durchführen, wodurch eine enorme Belastung für die Reibpartner und in Summe ein sehr komplexes Anforderungsprofil entsteht.

Gestiegene Anforderungen an Werkzeugmaschinen erfordern Innovationen im Aufbau derzeit verwendeter Klemmsysteme, um konträren Forderungen nach höheren Klemmmomenten zur Steigerung der Zerspanvolumina sowie reduzierten Normalkräften zur Implementierung elektromechanischer Antriebe nachzukommen. Darüber hinaus sind auch kleinere Bauräume der Klemmsysteme gefragt. Und dies alles bei neutralen bzw. verringerten Herstellkosten. 

Lösung

Vor diesem Hintergrund wurden am Fraunhofer IWU reibwerterhöhende Oberflächen der Reibpartner des Klemmsystems für eine mit geringem Aufwand implementierbare und damit wirtschaftlich effiziente Lösung entwickelt. Im Fokus des Entwicklungsprozesses standen neben der Steigerung des Haftreibkoeffizienten gleichzeitig dessen verringerte Streuung über der Lebenszeit im Rahmen des genannten komplexen Anforderungsprofils. Dazu wurden anwendungsbezogene Reibpaarungen entwickelt, mit neuen Technologien gefertigt und anhand realitätsnaher Belastungsszenarien experimentell bewertet. So stehen reibwerterhöhende Oberflächen zur Verfügung, die bereits ab dem ersten Klemmvorgang und über weitere 100.000 Zyklen einen konstanten Haftreibwert von 0,42 aufzeigen – eine über 100%-ige Steigerung gegenüber derzeitigen Referenzwerten bei hochgenauen Anwendungen.

Reibwerterhöhende Oberflächen sind somit eine in bestehende Systeme bzw. Baugruppen integrierbare zuverlässige und kompakte Alternative zu technisch und konstruktiv aufwendigen Lösungen und können u. a. bei Automobilanwendungen, im Schiffsmotoren- und Turbinenbau, im Schienenfahrzeugbau, bei Windenergie-Anwendungen sowie allgemein im klassischen Maschinenbau zum Einsatz kommen. 

Eckdaten zum Projekt

Laufzeit
Oktober 2019 bis Juni 2022

Projektpartner
Technische Universität Dresden, Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen