Neue Wertschöpfungsketten der Kreislaufwirtschaft für am Ende ihres Lebenszyklus befindliche faserverstärkte Verbundwerkstoffe

EU-Projekt FiberEUse

Technologiedemonstrator, der das Konzept der wiederverwertbaren Fahrzeugplattform und Sitzstruktur darstellt
Technologiedemonstrator, der das Konzept der wiederverwertbaren Fahrzeugplattform und Sitzstruktur darstellt

Faserverstärkte Komposite werden als Strukturmaterialien in Branchen wie Transport, Bau und Energie verwendet, da sie leichter und korrosionsbeständiger sind als Metalle. Das Recycling dieser Materialien ist aufgrund des Verbundes aus zwei Werkstoffen eine Herausforderung. Obwohl sowohl mechanische Recyclingprozesse als auch die Pyrolyse ein hohes Technology Readiness Level (TRL) erreicht haben, werden viele Komposite-Bauteile am Ende ihres Lebenszyklus (End-of-Life [EoL]) auf Mülldeponien entsorgt oder energetisch verwertet, da noch keine sinnvolle Nutzung im Rahmen einer Wiederverwendung nachgewiesen werden konnte.

Im Projekt FiberEUse wurden verschiedene Innovationspfade gebündelt, um das Recycling von Kompositen zu verbessern und profitabel zu machen. Das recycelte Material soll in Form von neuen Produkten in Wertschöpfungsketten wiederverwertet werden.

FiberEUse gliederte sich in drei Anwendungsfälle, deren jeweiliger Fokus auf dem mechanischen und thermischen Recycling sowie der Wiederaufbereitung und Wiederverwendung von EoL-Komposit-Bauteilen lag. Die Ansätze bezogen sich auf sieben Branchen (Automobil, Luftfahrt, Sport, Bau, Sanitär, Windkraft und Kreativprodukte) und sowohl kohlenstoff- als auch glasfaserverstärkte Materialien.

Im Projekt wurden auch branchenübergreifende Wiederverwendungsketten aufgebaut. Beispielsweise wurden thermisch recycelte Kohlenstofffasern aus der Luftfahrt in Strukturbauteilen der Automobilindustrie eingesetzt oder mechanisch recycelte Materialien von EoL-Windrotorblättern als Kern in einem Ski genutzt. Zur Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes wurde neben den technischen Aspekten der Recyclingtechnologien auch die Logistik von EoL-Materialien untersucht. Für die neuen Produkte aus Rezyklaten wurden neue Wertschöpfungsketten und Geschäftsszenarien entwickelt. Unterstützt wurden die technischen Prozesse des Projektes durch eine IT-Plattform, die zukünftig die Entwicklung von Produkten aus Recyclingmaterialien unterstützen soll. In dieser IT-Plattform wurden generelle Gestaltungsregeln für Produkte aus Recyclingmaterial mit Materialien und ihren Eigenschaften sowie Produktionsprozessen verknüpft.

 

Schwerpunkt des Fraunhofer IWU

Unser Fokus lag auf der Entwicklung eines wiederverwertbaren Fahrzeuggrundrahmens sowie einer wiederverwertbaren Sitzstruktur aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern EDAG und INVENT. Hintergrund der Entwicklungen ist der Ansatz, dass nach dem Ende eines Fahrzeuglebens der Grundrahmen sowie die Sitzstruktur demontiert, aufbereitet, ggf. repariert, und anschließend mit neuen Komponenten zu einem neuen Fahrzeug montiert werden. Faserverstärkte Kunststoffe (insbesondere mit Kohlenstofffasern) eignen sich aufgrund ihrer Korrosionsbeständigkeit und hoher Ermüdungsfestigkeit ideal für solche langlebigen Komponenten. Neben der Entwicklung einer speziellen kreislaufgerechten Konstruktion, Auslegung und Bauweise wurden auch verschiedene Technologien und Prozesse zur einfachen Demontage und der anschließenden Wiederaufbereitung und Wiederverwendung implementiert und erprobt.

Als Lösung für die Gestaltung ergab sich sowohl für den Grundrahmen als auch für die Sitzstruktur eine Rahmenstruktur aus Profilen und Knotenelementen. Die Profile für den Fahrzeuggrundrahmen wurden dabei vom Fraunhofer IWU mittels Pultrusionsverfahren gefertigt. Herausforderungen waren die Profilgröße, die Realisierung der komplexen Geometrie und der verschiedenen Faserlagen. Die Knotenelemente wurden sowohl für den Grundrahmen als auch für die Sitzstruktur aus einem kohlenstofffaserverstärkten Bulk Molding Compound (BMC) hergestellt. Herausforderung bei den Knotenelementen war die Entwicklung von passenden Werkzeugen für die ebenfalls komplexen Geometrien sowie die entsprechende Prozessführung. Im Rahmen der Entwicklung der BMC Knotenelemente wurde der Einsatz von thermisch recycelten Kohlenstofffasern als Verstärkungsmaterial des BMC evaluiert. Ein erster Vergleich zeigt zwar verringerte mechanische Kennwerte gegenüber einem BMC mit Neufasern, jedoch gibt es verschiedene Optimierungsmöglichkeiten auf Material- und Prozessebene zur Verbesserung der Eigenschaften von BMC mit Recyclingfasern. Diese Optimierungsmöglichkeiten sollen in weiterführenden Projekten erprobt und validiert werden.

Parallel zur Konzeption und Konstruktion von Grundrahmen und Sitzstruktur wurden auch verschiedene Technologien zur Implementierung der automobilen Kreislaufwirtschaft entwickelt. Darunter fielen spezielle Reparaturmethoden und automatisierte, zerstörungsfreie Prüfverfahren für die kohlenstofffaserverstärkten Strukturen von Sitz- und Grundrahmen. Ein besonderer Fokus lag auf lösbaren Verbindungen für eine optimale und zerstörungsfreie Demontage. Dazu konnte im Rahmen des Projekts bereits eine Lösung für lösbare Klebeverbindungen entwickelt und erprobt werden. Diese ermöglicht es, Klebungen ohne Beschädigung der zugefügten Bauteile über einen einfachen Mechanismus zu trennen.

Als Projektergebnis entstand ein Technologiedemonstrator, welcher das Konzept der wiederverwertbaren Fahrzeugplattform und Sitzstruktur darstellt. Der Demonstrator wurde auf der Mailänder Design Week im Rahmen einer Präsentation des gesamten Projekts erstmals vorgestellt.

This project has received funding from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 730323.

Teilprojekte

Produktentwicklung unter Berücksichtigung der Wiederverwendung

Pultrusion von Faserverbunden für kreislaufgerechte Fahrzeugstrukturen

Zerstörungsfreie Prüfung von Faserkunststoffverbunden

Lösbare Klebverbindungen für eine vereinfachte Demontage

Einblick in das Projekt

Gliederung des Projekts in drei Anwendungsfälle und Berücksichtigung der unterschiedlichen Branchen
Gliederung des Projekts in drei Anwendungsfälle und Berücksichtigung der unterschiedlichen Branchen

Eckdaten zum Projekt

Laufzeit
2017 bis 2021

Koordination
Politecnico di Milano

Projektpartner
CNR-ITIA, Rivierasca, Novellini, Holonix, Tecnalia, Siemens Gamesa, Batz, Maier, Aernnova Aerospace, Technical University Tampere, University of Strathclyde, Edag Engineering, INVENT, Green Coat, HEAD Sport GmbH, Hambleside Danelaw, Saubermacher Dienstleistungs AG, designaustria, AVK-Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V., APRA

Förderprogramm
H2020, Topic CIRC-01-2016-2017