Gemeinsame Pressemitteilung Freistaat Sachsen, LEAG, Fraunhofer und TU Chemnitz

Boxberg soll Forschungsstandort für »grüne« Carbonfasern werden

Mit der Unterstützung des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung und der wissenschaftlichen Kompetenz des Exzellenzclusters MERGE »Technologiefusion für multifunktionale Leichtbaustrukturen« der TU Chemnitz, des Fraunhofer-Institutes für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und des Fraunhofer Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP soll der Kraftwerksstandort Boxberg in den kommenden Jahren eine neue Zukunftsperspektive im Bereich der Forschung und Nutzung von Carbonfasern bekommen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die Lausitz Energie Kraftwerke AG und Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG), das Staatsministerium für Regionalentwicklung und die drei Wissenschaftseinrichtungen am heutigen Mittwoch, 16. September, in Boxberg unterzeichnet.

© Sächsisches Staatsministerium für Regionalentwicklung
Unterzeichnung der Absichtserklärung (v.l.n.r.): Prof. Johannes Ganster vom Fraunhofer IAP, LEAG-Vorstand Hubertus Altmann, Staatsminister Thomas Schmidt, Prof. Lothar Kroll und Prof. Welf-Guntram Drossel vom Fraunhofer IWU
© LEAG
Kraftwerk Boxberg
© Fraunhofer IAP
So sieht sie aus, die Carbonfaser, um die es zukünftig in Boxberg gehen soll.

»InnoCarbEnergy, das gemeinsame Projekt zur Forschung und Entwicklung von Leichtbau-Strukturen wird einen besonderen Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftskraft der Region leisten. Durch die Zusammenarbeit von Universitäten und Forschungsinstituten mit dem Unternehmen LEAG werden hier Grundlagen für die Arbeits- und Ausbildungsplätze der Zukunft geschaffen. Diese Kooperation ist beispielhaft dafür, wie nachhaltiger Strukturwandel aussehen kann. Für den Standort Boxberg eröffnet sich nun ein Weg in ein neues Industriezeitalter«, erklärte Staatsminister Thomas Schmidt.

Im ersten Schritt soll am Standort Boxberg eine vollausgestattete Forschungs-Pilotlinie zur Herstellung von Carbonfasern konzipiert und aufgebaut werden, um flankierend neuartige Fertigungsverfahren und zugehörige Methoden des Energiemanagements zu entwickeln und unter praxisnahen Bedingungen zu erproben. In weiteren Schritten ist geplant, die Pilotlinie um textilbildende und kunststofftechnische Fertigungsmodule sowie automatisierte Schnittstellen für die energieeffiziente Bauteilherstellung zu ergänzen. Ziel ist es, mit vor Ort angesiedelten Unternehmen carbonfaserverstärkte Leichtbaustrukturen und -systeme zu entwickeln, die in mobilen Anwendungen (etwa beim Automobil-, Schiff-, Schienenfahrzeug- und Anlagenbau oder in der Luft- und Raumfahrt) genutzt werden.

»Bereits heute können wir durch die Kombination von Materialien – insbesondere mit Carbonfasern – enorme Gewichtsvorteile von 30 bis 50 Prozent gegenüber klassischen Bauteilen erreichen, die ausschließlich aus Aluminium bzw. Stahl gefertigt werden. Aus diesem Grund sehen wir in dem Vorhaben InnoCarbEnergy sehr großes Potential, nicht nur für einen „bezahlbaren“ Leichtbau, sondern im Speziellen auch für die Region, die Menschen, die hier leben und für das Land Sachsen im Allgemeinen. Im Exzellenzcluster MERGE der Technischen Universität Chemnitz wurden dafür bereits zahlreiche Verbundwerkstoffe und neue Hybrid-Technologien erforscht und entwickelt, die eine derartige Masseneinsparung bei gleichzeitiger Kostenreduktion von Bauteilen und Systemen zulassen. Einige davon befinden sich bereits in seriellen Anwendungen«, sagt Professor Kroll, Leiter des Instituts für Strukturleichtbau und Sprecher des Exzellenzclusters MERGE an der TU Chemnitz.

»Von Anfang an sollen alle Aspekte des nachhaltigen Wirtschaftens bei der Realisierung des Projekts Berücksichtigung finden. Das Fraunhofer IAP in Potsdam steuert in dieser länderübergreifenden Initiative sein jahrzehntelanges Know-How bezüglich nachhaltiger Fasermaterialien für Carbonfasern sowie seine Expertise bei der Konvertierung dieser Materialien in Carbonfasern bei. Es flankiert die Pilotlinie mit einer Labor- und Pilotlinie zur Herstellung der Ausgangsfasern und einer Laborlinie für die Konvertierung«, erläutert Professor Böker, Leiter des Fraunhofer IAP.

»Erstmalig ein Modell zur Standortentwicklung für eine wertschöpfende Energiewende«

Zentraler Bestandteil von InnoCarbEnergy wird die Industrieforschungsanlage »Carbon LabFactory Lausitz« sein. Für den Geschäftsführenden Institutsleiter des Fraunhofer IWU, Professor Welf-Guntram Drossel, geht von der heutigen Übereinkunft deshalb eine besondere Strahlkraft aus: »Zusammen mit unseren Partnern werden wir in der LabFactory auch neue Produktionsmethoden erforschen und zur Anwendungsreife führen. Das macht den Standort Boxberg noch attraktiver für Unternehmen und High-Tech-Start-Ups. Vorrangige Ziele sind dabei Kosten-, Energie- und Ressourceneffizienz sowie die innovative Verknüpfung des neuen Energiesystems mit neuen Fertigungstechnologien. Kurz: Wir entwickeln nachhaltige und innovative Produktions- und Energiesysteme für fortschrittliche Hochleistungsprodukte aus der Lausitz. Das Vorhaben stellt damit erstmalig ein Modell zur Standortentwicklung für eine wertschöpfende Energiewende dar.«

Auch die Lausitz Energie Kraftwerk AG (LEAG) sieht für den geplanten Neubaukomplex InnoCarbEnergy gute Zukunftschancen, wie Hubertus Altmann, LEAG-Vorstand für das Ressort Kraftwerke erklärt: »Vor dem Hintergrund des gesetzlich vorgegebenen Kohleausstiegspfades wird sich der Kraftwerksstandort Boxberg in den nächsten zwei Jahrzehnten grundlegend wandeln. Wir wollen ihn dafür schon heute zukunftsfähig aufstellen und hier so viele Industriearbeitsplätze wie möglich erhalten. Für ein Zentrum für Carbonfaser-Forschung- und Fertigung bringt Boxberg die besten Voraussetzungen mit. Wir haben hier nicht nur die notwendigen Flächen zur Verfügung, sondern auch die Energie, die der Standort für seine Entwicklung braucht, und dazu hochqualifizierte Mitarbeiter, für die ein modernes, intelligentes und flexibles Energiemanagement ihr tägliches Geschäft ist.«